Die Zivilgesellschaft in Bolivien verfügt über erhebliche Mitwirkungsmöglichkeiten bei der öffentlichen Ausgabengestaltung auf lokaler Ebene. Um diese besser nutzen zu können, verschafft das Staatsbürgerkunde-Projekt der Fundación Pueblo Bürgern und ihren Basisorganisationen Zugang zu kommunalpolitisch wichtigen Informationen.
Zivilgesellschaftliche Rechte durch bessere Informationen nutzen
Die Zivilgesellschaft und ihre Organisationen spielen eine wichtige Rolle in der wechselvollen Geschichte Boliviens. Sie waren die Akteure der nationalen Revolution von 1952, durch die der Großgrundbesitz abgeschafft und das allgemeine Wahlrecht eingeführt wurde. Sie waren für die Widergewinnung der Demokratie nach den Militärdiktaturen der 70er und 80er Jahre verantwortlich. Seit dem Gesetz zur Bürgerbeteiligung in den 90er Jahren wurden den Staatsbürgern und ihren Basisorganisationen erhebliche Mitwirkungsrechte bei der Gestaltung der öffentlichen Haushalte auf kommunaler Ebene (Stadt- und Landkreise) eingeräumt. Diese wirkungsvoll zu nutzen, erfordert jedoch den Zugang zu staatsbürgerlich relevanten Informationen, der insbesondere auf dem Lande jedoch noch sehr begrenzt ist.
Mit unserem Programm „Acceso Público“ („freier Zugang“) unterstützt Fundación Pueblo benachteiligte Gruppen der bolivianischen Zivilgesellschaft, mit zeitnahen und relevanten Informationen an öffentlichen Diskussions- und Entscheidungsprozessen qualifiziert teilnehmen zu können. Das Projekt „Informierte Bürgerbeteiligung“ setzt diesen Ansatz auf kommunaler Ebene um, um die Mitwirkungsmöglichkeiten der 30 Gemeinden in unserem Heimatlandkreis Yanacachi zu stärken.
Auf mehreren Kanälen gleichzeitig senden
Das Projekt konnte in den letzten Jahren seine soziale Grundlage im Landkreis in einer Reihe von Kooperationsvereinbarungen mit lokalen Basisorganisationen ausweiten und eine Palette verschiedener Medien und Kommunikationsformen zur staatsbürgerlichen Bildung einsetzen. Dazu gehören die laufenden Berichte und Reportagen, die von unserem Landfunkreporter über aktuelle kommunalpolitisch interessante Themen aus den Gemeinden des Einzugsgebietes produziert und von unserem Kooperationspartner „Radio Yungas“ ausgestrahlt werden. Im Informationsbulletin „Datos & Hechos de los Yungas“ werden die wichtigsten Berichte monatlich zusammengefasst und durch Beiträge aus dem Hauptstadtbüro ergänzt. a
In öffentlichen Veranstaltungen zur Staatsbürgerkunde werden Themen bearbeitet, die von den Basisorganisationen im Landkreis besonders nachgefragt werden. Dazu gehören zum Beispiel Vortragsveranstaltungen zu den neuen Erziehungsreform- und Bergbaugesetzen sowie Workshops zum Thema Leadership bei sozialen Basisorganisationen. Als Referenten werden Fachleute zuständiger Regierungsstellen oder befreundeter Zivilgesellschaftsorganisationen gewonnen. Das Projektarchiv mit kommunal- und allgemeinpolitisch relevanten Gesetzen und Erlassen wird vor allem von den Vorständen der Basisgruppen genutzt. Es ist im Dorfdienstleistungsbüro der Stiftung an unserem Stammsitz in Yanacachi zugänglich. Dort ist man auch schreibungewandten Mitbürgern im Dorf beim Aufsetzen von Schriftstücken und Petitionen behilflich.
Einer Anregung bei der Jahresversammlung der Stiftung folgend, wurde der Aufbau einer öffentlichen Bibliothek zum Anlass für die Eröffnung eines offenen Jugendfreizeitraumes („Anatañani“) gemacht. Die Zielgruppe des Projektes wurde auf die Schüler der Mittelpunktschule ausgeweitet. Von der „Anatañani“-Leihbibliothek machen vor allem Schüler Gebrauch.
Hören, was die Hörer sagen
Ende 2014 wurde eine Hörer- und Leserbefragung zur Mediennutzung des Projektes in verschiedenen Gemeinden des Landkreises durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass „Radio Yungas“ weiterhin eine Vorreiterstellung bei den Hörmedien in dieser ländlichen Region einnimmt, und dass das Informationsbulletin „Datos & Hechos en los Yungas“ eines der wenigen Schriftmedien ist, das der Bevölkerung im Landkreis zur Information über Kommunales zur Verfügung steht.